Aus der Notlösung wird eine Erfolgsgeschichte / Organisator Edzard Wirtjes zieht positives Fazit – Erfahrungen bieten Möglichkeiten für die Zukunft / Mit der großen Zahl der Läufer hatten die Verantwortlichen selbst nicht gerechnet. Abschluss an einen traditionsreichen Ort.

Edzard Wirtjes präsentierte in Dunum das neue Dörloper- shirt.BILD: Jochen Schrievers
Edzard Wirtjes präsentierte in Dunum das neue Dörloper- shirt.BILD: Jochen Schrievers

OSTFRIESLAND. (JS) Mit der sechsten Etappe ist gestern der 39. Ossiloop beendet worden. Statt gemeinsam vom Meer nach Leer, absolvierten die Athleten ihre Teilstücke in ihrem persönlichen Umfeld. Auch wenn vielen die gemeinsamen Busfahrten und das Wiedersehen mit alten Bekannten fehlte, fiel die Meinung zum „Ossiloop anners“ durchweg positiv aus. Die Läufer, ihre Familien und Freunde haben sich in den vergangenen drei Wochen dafür einiges einfallen lassen.

Der alte Genossenschaftsschuppen in Dunum findet im Laufe des Jahres wenig Beachtung. Auch gestern morgen schlummerte das Gebäude seinen Dornröschenschlaf. Die Treppe zur Laderampe ist grasbewachsen, die Fugen zwischen den Klinkern sind stellenweise zerbröckelt. Einmal im Jahr ist hier jedoch richtig was los. Denn schon seit der ersten Auflage 1982 ist der Schuppen Start- oder Zielort einer Ossiloopetappe. Seit vielen Jahren schenken dort die Dunumer Landfrauen Tee aus. Gestern morgen machten sich jedoch nur zwei Läufer bereit, um von dort auf ihre letzte Etappe des Ossiloop 2020 zu gehen: Heike Dirks und Edzard Wirtjes aus dem Orga-Team. Auf die Strecke geschickt wurden sie vom Dunumer Lauf-Urgestein Eibo Eiben, der standesgemäß mit Startklappe zur Stelle war.

 

Heike Dirks und Edzard Wirtjes sind von Dunum aus auf ihre letzte Etappe des Ossiloop  2020 gestartet.   BILD: Jochen Schrievers

Heike Dirks und Edzard Wirtjes sind von Dunum aus auf ihre letzte Etappe des Ossiloop 2020 gestartet. BILD: Jochen Schrievers

Dass es in diesem Jahr überhaupt einen Ossiloop gegeben hat, ist der Idee von Edzard Wirtjes zu verdanken, eine dezentrale Lösung zu finden. „Der erste Reflex war natürlich in den Herbst zu verlegen“, sagt Wirtjes. Wie viele andere Veranstalter auch, stellte ihn die Ansage der Politik, dass es keine Genehmigungen für Großveranstaltungen geben würde, vor akute Probleme. Doch die Idee der Verlegung wurde schnell verworfen. „Im Herbst wollen alle“, erläutert er. Zudem hätte es Probleme mit den Rettungsdiensten gegeben, die wegen des Gallimarkts in Leer kaum die Kapazitäten gehabt hätten, eine weitere Großveranstaltung zu stemmen. „Dann kamen wir auf die dezentrale Lösung. Schnell war klar, dass es über eine App gehen muss“, beschreibt Wirtjes den Prozess. Nach einigen Gesprächen mit dem Programmierer stand das Grundgerüst und die Idee nahm konkrete Formen an. Dass die App nicht reibungslos lief, ist sicher der Kürze der Vorbereitungszeit geschuldet. „Mit Apple klappt es gut, bei Android hakt es“, räumt Wirtjes ein. Da aber Daten online nachgetragen werden konnten, sahen viele Läufer über die Kinderkrankheiten hinweg.

Wie gut die Idee „Ossiloop anners“ ankommen würde, vermochte der Organisator aber im Vorfeld selbst nicht abzuschätzen. Doch nach anfänglicher Skepsis häuften sich die Anmeldungen. Auch viele, die sich bereits abgemeldet hatten, kehrten zurück. In Gesprächen mit den Sponsoren gab Wirtjes die für ihn optimistische Schätzung von 2500 Startern aus. Am Ende waren es noch einmal 1000 mehr. Die Rückmeldungen fielen durchweg positiv aus. Einige hätten sogar im Verlauf der drei Wochen angefragt, ob sie sich noch registrieren könnten. Schließlich seien sie die ersten Etappen ja auch gelaufen – wenn auch unangemeldet. Die Chance auf ein Dörlopershirt war wohl sehr verlockend. Hinzu kommen die „Butenostfriesen“, die fernab der ostfriesischen Halbinsel ihre Chance ergriffen.

Für Eibo Eiben, der sich selbst nicht unbedingt als großen Technikfreak bezeichnet, bieten die Erfahrungen aus diesem Jahr Möglichkeiten für die Zukunft. Sicher ist der Ossiloop ohne den Trubel auf und neben der Strecke und ohne die gemeinsamen Busfahrten nicht dasselbe, doch auch die jetzige Form hat ihren Reiz. Eiben kann sich gut vorstellen, über die App auch in den kommenden Jahren Auswärtigen die Teilnahme zu ermöglichen. Auch für ihn wäre diese Lösung reizvoll. „Ich bin alle zwei Jahre auf dem Kirchentag und kann deswegen nicht alle Etappen laufen“, erklärt Eiben. Mit der App wäre dies möglich. Ob und wie dies Teil der künftigen Auflagen sein wird, ist noch völlig offen. Denn letztlich freuen sich alle, wenn sie endlich wieder gemeinsam laufen dürfen.

aus "Anzeiger für Harlingerland" vom 16.05.2020